Aktuelle Relevanz zum Thema der »verdeckte / weibliche Narzissmus«
In der heutigen Zeit hat das Thema, der verdeckte oder auch weibliche Narzissmus genannt, eine zunehmende Bedeutung erlangt. Diese Entwicklung spiegelt sich nicht nur in psychologischen Diskursen, sondern auch in der alltäglichen Auseinandersetzung mit Selbstbildern, sozialen Beziehungen und medialen Einflüssen. Der verdeckte / weibliche Narzissmus, einst ein Randthema in der psychologischen Forschung, ist nun ein zentraler Diskussionspunkt, der wichtige Fragen über Geschlechterrollen, Selbstwahrnehmung und soziale Dynamiken aufwirft.
Aber warum wird der verdeckte Narzissmus auch weiblicher Narzissmus genannt. In diesem Kontext müssen wir die Dunkle Triade aus der Psychologie mit einbeziehen, jedoch gehen wir in dieser Publikation fokussiert auf den klassischen und den verdeckten Narzissmus ein. Der klassische Narzissmus wird öfters bei den Männern diagnostiziert, wodurch dieser auch »männlicher Narzissmus« genannt wird. Der »verdeckte Narzissmus« jedoch, ist zum größten Teil vom weiblichen Geschlecht dominiert.
Die Diagnose Narzissmus zu stellen, unabhängig des Typus, ist eine Herausforderung für jeden Experten. Wie unschwer vorstellbar, gehen die meisten Narzissten oder Narzisstinnen nicht zum Psychologen, da in deren Welt immer die Schuld bei anderen liegt. Daher geht die Psychologie von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Immer mehr männliche Opfer melden sich dazu in öffentlichen Medien oder Social Media und immer mehr Männer gehen aufgrund solcher Ereignisse zum Psychologen.
Der weibliche Narzissmus im Kontext der modernen Medien
Die moderne Gesellschaft ist geprägt von einer beispiellosen Präsenz von Social Media und einer zunehmenden Betonung des Selbst. Plattformen wie Instagram, Facebook und TikTok fördern eine Kultur der Selbstdarstellung und Selbstoptimierung, die oft mit narzisstischen Zügen in Verbindung gebracht steht. Insbesondere Frauen, die in diesen Medien aktiv sind, stehen vor der Herausforderung, sich selbst zu präsentieren und gleichzeitig mit den Erwartungen und dem Druck umzugehen, die diese Plattformen erzeugen.
Der verdeckte /weibliche Narzissmus in diesem Kontext ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits kann es eine Form der Selbstermächtigung sein, andererseits kann es auch zu einem ungesunden Selbstbild und zu problematischen sozialen und psychologischen Störungen führen.
Einfluss von Social Media
Die Tatsache, dass jeder Mensch Narzissmus in sich trägt, bleibt unbestritten. Jeder von uns hat jedoch eine unterschiedliche Ausprägung des Narzissmus. Im gesunden Verhältnis führt er zu einem etablierten und angenehmen Selbstwertgefühl. Ist die Ausprägung jedoch tendenziell über der gesellschaftlichen Norm, ist es eine pathologische und schwerwiegende Störung der menschlichen Psyche.
Bezugnehmend auf den Typus verdeckter / weiblicher Narzissmus, ist es für eine junge Frau die sich täglich auf Social Media aufhält und sich die irrationalen Selbstdarstellungen hingibt, entstehen im Unbewusstsein verschiedene Gefühle. Diese können von Neid, Wut, Aggression und Abwertung bis hin zu Bewunderung, und Idealisierung gehen. Betrachten wir nun aber die Tatsache, dass jeder von uns seinen mentalen oder ohne Einsatz von Euphemismus, seinen psychologischen Rucksack mit sich trägt, können diese Gefühle fatale Folgen für die Betroffene haben.
Der Film „Tiefe Wasser“ mit Ben Affleck und Ana de Armas. Die Schauspielerin zeigt eine umfangreiche weibliche Narzissmus-Darstellung.
Merkmale und Verhaltensweisen
Der klassische Narzissmus unterscheidet sich in einigen auffälligen Punkten vom verdeckten Narzissmus. Der klassische Narzissmus wird im ICD-10 unter dem Code F60.8 – Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung definiert und bietet leider keine spezifischen Kriterien dazu. Das DSM-5 jedoch, stellt klare Diagnosekriterien zur Verfügung.
DSM-5 Diagnosekriterien für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung
Ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Fantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter, und das Muster zeigt sich in verschiedenen Situationen. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
- Hat ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit (z.B. übertreibt die eigenen Leistungen und Talente; erwartet, ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden).
- Ist stark eingenommen von Fantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe.
- Glaubt von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder angesehenen Personen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder nur mit diesen verkehren zu können.
- Verlangt nach übermäßiger Bewunderung.
- Legt ein Anspruchsdenken an den Tag (d.h. übertriebene Erwartungen an eine besonders bevorzugte Behandlung oder automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen).
- Ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch (d.h. zieht Nutzen aus anderen, um die eigenen Ziele zu erreichen).
- Zeigt einen Mangel an Empathie: Ist nicht willens, die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu erkennen oder sich mit ihnen zu identifizieren.
- Ist häufig neidisch auf andere oder glaubt, andere seien neidisch auf ihn/sie.
- Zeigt arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen.
Schlüsselmerkmale des weiblichen Narzissmus
Der verdeckte / weibliche Narzissmus behält dieselbe Intension der Ausbeutung der emotionalen Zufuhr, jedoch unterscheiden sich folgende Merkmale zum klassischen Narzissmus:
- der oder die Betroffene nimmt in allen Konfrontationen die Opferrolle ein.
- der oder die Betroffene fokussiert sich stark auf das Mitleid der Anderen, um so deren Aufmerksamkeit zu gewinnen und in Kombination mit der Opferrolle, so viele »Flying Monkeys« um sich zu scharren wie möglich, die dann wie ein Schutzwall fungieren, sobald Kritik im Anflug ist.
- der oder die Betroffene teilen oft die Selbstdiagnose mit von Borderline, als Entschuldigung oder Rechtfertigung von ihrem Verhalten.
- der oder die Betroffene geben sich oft sehr verletzlich und angreifbar, um den Eindruck der Hilflosigkeit zu erwecken.
- der oder die Betroffene sprechen oft ohne klare Aussagen und lassen somit einen übertriebenen Spielraum für Interpretation. Damit stellen sie sicher, dass im Fall einer Konfrontation argumentiert werden kann, mit „Was kann ich dafür, wenn Du das falsch verstanden hast“.
Im Großen und Ganzen kann gesagt werden, dass der verdeckte / weibliche Narzissmus keine Überheblichkeit an den Tag legt, sondern das Gefühl in einem hervorruft „Oh der oder die arme hat immer nur Pech“. Gerne wird von verdeckten Narzissten oder Narzisstinnen ein schwerwiegendes Trauma aus der Kindheit erfunden und als Rechtfertigung für das eigene Fehlverhalten eingesetzt. Die Ausbeutung und die Empathielosigkeit zeigt sich wie beim klassischen Narzissmus leider immer erst am Ende, wenn sie ertappt und damit konfrontiert werden.
Ab diesem Zeitpunkt kommen dieselben Verhaltensmuster wie beim klassischen Narzissmus zum Einsatz, unter anderem Gaslighting, Schuldumkehr, Abwertung, übermäßiges betonen der Opferrolle, nicht vorhandene Ängste bekunden und passiv-aggressiven Verhalten.
Psychologische Auswirkungen
Die Auswirkungen des verdeckten »weiblichen« Narzissmus auf persönliche zwischenmenschliche Beziehungen sind ebenfalls von Bedeutung. In jeder zwischenmenschlichen Beziehung (Partnerschaften, Freundschaften oder auch innerhalb der Familie) kann ein stark narzisstisches Verhalten zu Ungleichgewichten und Konflikten führen. Es ist wichtig, dass sowohl Betroffene als auch ihre Partner, Freunde und Familienmitglieder verstehen, wie narzisstische Tendenzen die Beziehungsdynamik beeinflussen können.
Auf die persönliche Psyche
Betroffene (der Narzisst oder die Narzisstin) werden immer weiter in einen Strudel gezogen, der gefüllt ist mit Neid, passiv-aggressiven Verhalten, Empathielosigkeit und der Unfähigkeit der Selbstreflexion. Durch die Bestätigung der »Flying Monkeys« und durch die verzerrte Welt von Social Media, kann sich der verdeckte / weibliche Narzissmus ungehemmt ausbreiten und im schlimmsten Fall Grenzen überschreiten, die in einer malignen Persönlichkeitsstörung enden.
Auf die nahestehenden Personen
Das Umfeld ist auf zwei Arten schwer davon betroffen. Einerseits kann der verdeckte Narzisst oder die Narzisstin nahestehende Personen zu »Flying Monkeys« manipulieren oder als emotionale Quelle ausbeuten.
- Flying Monkeys:
Personen werden so lange bearbeitet und manipuliert, bis diese sich immer als schützende Person vor den Narzissten oder die Narzisstin stellen. Sie sind davon unabdingbar überzeugt, dass der Narzisst oder die Narzisstin das Opfer ist. Tatsachen werden schöngeredet und Heucheleien und Lügen werden ohne zu hinterfragen geglaubt. In den meisten Fällen werden Flying Monkeys von ihrer Aufgabe entbunden, wenn diese anfangen Fragen zu stellen oder plötzlich selbst als emotionale Quelle dienen.
- Emotionale Quelle:
Einem Narzissten oder einer Narzisstin als emotionale Quelle zu dienen, ist wohl das schlimmste aller Ergebnisse. Betroffene werden skrupellos und ohne Gnade so lange ausgebeutet, bis diese ein schweres Trauma erleiden. Betroffene können dadurch schwere Zwangs- und Angststörungen entwickeln und in sozialen Bereichen nur schwer erneut Vertrauen entwickeln. Suizid der Betroffenen ist ebenfalls keine Seltenheit. Der Narzisst oder die Narzisstin entzieht sich jeglicher Verantwortung und hinterlässt bei der Ex-Quelle (das können Partner, Freunde, Arbeitskollegen oder auch Familienmitglieder sein) eine Spur der Verwüstung und eine Landschaft aus Asche, auf der selten wieder was gedeihen kann.