Was ist der Unterschied von Narzissmus und einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Selbstschutz und der Narzissmus sind eng miteinander verbunden, aber der Begriff Narzissmus wird im Alltag viel zu oft und unbedacht verwendet. Was genau bedeutet er jedoch? Er wird häufig mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung verwechselt und in unserem Alltag schnell und leichtfertig jemandem an den Kopf geworfen. Der Wechsel von einem tendenziellen narzisstischen Verhalten zu einer pathologischen Form, ist leicht zu übersehen. Was ist jedoch der Unterschied zwischen den beiden Formen?
Ein Muster von Verhaltensweisen und Eigenschaften, die mit einem übermäßigen Fokus auf sich selbst einhergehen, wird als Narzissmus bezeichnet. Narzissmus hat verschiedene Arten, die sich in der Ursache und Ausprägung unterscheiden. Wenn jemand eine bestimmte Erfahrung macht, die sein Selbstbewusstsein stärkt, kann dies zu einem situativen Narzissmus führen. Der Begriff „struktureller Narzissmus“ bezieht sich auch auf eine vorübergehende Phase des erhöhten Selbstbewusstseins einer Person. Es handelt sich um eine vorübergehende Art von Narzissmus, die in der Regel keine Störung verursacht.
Im Gegensatz dazu ist die narzisstische Persönlichkeitsstörung eine psychische Störung, die durch ein tief verwurzeltes Muster von Verhaltensweisen und Eigenschaften gekennzeichnet ist. Die Betroffenen sind nicht in der Lage, Empathie für andere zu empfinden, weil sie ein übermäßiges Bedürfnis nach Bewunderung und Anerkennung haben. Diese Störung kann schwerwiegende Probleme im Beruf und in zwischenmenschlichen Beziehungen verursachen.
Der Tatsache zugrundeliegend, dass Narzissmus an sich nicht pathologisch ist, ist es wichtig, zwischen narzisstischem Verhalten und einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden. Wie in den meisten Fällen gelten auch in diesem Spektrum die grundlegenden Fragen im Vorfeld bezüglich der Kontinuität und des Leidens, für Betroffene oder Dritte, zu beantworten. Wenn jemand z. B. eine sportliche Auszeichnung erhält und sich dafür feiern lässt und das in vollen Zügen genießt, ist das ein gesundes narzisstisches Verhalten.
Welche Typen gibt es und welche Muster haben sie
Nach der Studie von Russ und Kollegen aus dem Jahr 2008, wurden drei Typen des Narzissmus deklariert. Jedoch wird in der Psychologie gerne auch noch weiter unterschieden in sogenannte Sub-Typen wie z. B. der amouröse Narzissmus-Typ oder intervenierte Narzissmus-Typ. Diese Sub-Typen sind jedoch nicht klinisch belegt und werden in dieser Publikation nicht näher erläutert.
- Der klassische Narzissmus (oder auch offener oder exhibitionistischer Narzissmus)
- Der maligne Narzissmus (oder auch zerstörerischer oder antisozialer Narzissmus)
- Der verdeckte Narzissmus (oder auch vulnerabel oder fragiler Narzissmus)
Der klassische Narzissmus
Dieser Typus ist der häufigste in der Diagnostik und wird mehrheitlich bei Männern festgestellt, was Frauen aber nicht ausschließt.
Der klassische Narzissmus ist eine Persönlichkeitsstörung, die durch ein übersteigertes Selbstwertgefühl, einen starken Wunsch nach Bewunderung und eine geringe Empathie für andere gekennzeichnet ist. Diese Bezeichnung stammt aus der griechischen Mythologie, wo der schöne Jüngling Narziss sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte und daran zugrunde ging.
Das typische Muster eines klassischen Narzissten ist, die Überzeugung, dass er oder sie etwas Besonderes ist und mehr Rechte und Privilegien als andere verdient hat. Er oder sie neigt dazu, sich selbst zu überschätzen und andere abzuwerten. Der klassische Narzisst ist oft autoritär, manipulativ und ausbeuterisch in zwischenmenschlichen Beziehungen jeglicher Art. Er oder sie hat Schwierigkeiten, echte Gefühle für andere zu entwickeln und reagiert aggressiv oder verächtlich auf Kritik oder Zurückweisung.
Dieses Verhalten kann zu verschiedenen Problemen im persönlichen und beruflichen Leben führen, wie zum Beispiel zu Konflikten, Isolation, Depressionen oder Suchtverhalten. Eine gezielte Therapie kann helfen, die narzisstischen Muster zu definieren und zu verändern und eine gesündere Selbst- und Fremdwahrnehmung zu entwickeln.
Dieser Typus hat die besten Vorteile und die geringsten Nachteile. In den meisten Situationen leiden andere Mitmenschen unter dem klassischen Narzissten und bezahlen den Preis mit ihrer psychischen Gesundheit oder materiellen Werten. Er ist immer der ambitionierteste in einer Gruppe und erreicht oft in der heutigen Gesellschaft, maßgebende Führungspositionen. Eine Krankheitseinsicht suchen wir bei ihm vergebens und das alleinige ansprechen diesbezüglich, wird in den meisten Fällen, schlagartig abgeschmettert, gefolgt von abwertenden Reaktionen und verbalen Äußerungen.
Der klassische Narzisst ist aber paradoxerweise ein sehr kontaktfreudiger und extrovertiert Mensch. Dieser Typus kann sehr schnell viele Freundschaften schließen und diese auch mit Bravour aufrechterhalten. Die Absichten sind jedoch sehr verachtenswert, aber nur schwer zu erkennen. Diese zwischenmenschlichen Beziehungen geht der klassische Narzisst nur ein, um Bewunderung oder Anerkennung zu erlangen. Die Mitmenschen und ihre Sorgen und Gefühle sind für ihn nicht von Belangen. Es zählt nur der eigne Nutzen und das um jeden Preis.
Der maligne Narzissmus
Dieser Narzissmus kann wohl oder übel als Vorstufe der Psychopathie oder Soziopathie bezeichnet werden. Schwere Straftäter oder Serienmörder erfüllen in diesem Spektrum die meisten Aspekte.
Der maligne Narzissmus ist eine extreme Form des Narzissmus, die durch eine Kombination aus Narzissmus, Aggression, Paranoia und antisozialem Verhalten vorherrschend ist. Die Definition wurde von dem Psychoanalytiker Erich Fromm geprägt, um Menschen zu beschreiben, die eine bösartige Persönlichkeit haben und zu extrem grausamen Taten fähig sind und eine Straße der Verwüstung und Zerstörung hinter sich her ziehen. Daher kommt auch der aus der Medizin stammende Begriff »maligne« und beschreibt einen bösartigen Tumor.
Der maligne Narzisst erfüllt im zugrundeliegenden Bild dieselben Muster wie der klassische Narzisst. Die maßgebenden Unterschiede jedoch finden wir in seinen Reaktionen auf Situationen oder Erlebnisse. Eine starke Tendenz von Misstrauen und Verschwörungen geht bei diesem Typus immer voraus. Wo dieser Typ des Narzissmus auf der Bildfläche erscheint, ist Leid, Chaos, Skrupellosigkeit, Menschen verachtendes Verhalten und auch physische Gewalt an der Tagesordnung. Die Menschheitsgeschichte hat bereits unzählige solcher Menschen hervorgebracht wie z. B. Hitler, Mussolini und Gaddafi.
Mörder, Serienkiller oder auch Amokläufer erfüllen dieses Diagnosebild in vielen Aspekten. Oft sind maligne Narzissten auch davon überzeugt, von Gott persönlich ausgewählt geworden zu sein für eine ganz bestimmte Aufgabe, die erfüllt werden muss, ohne Rücksicht auf Leben und Tod. Dieser Typus entwickelt sich immer seiner Erfolge immer weiter und wird so lange für sein Verhalten bestätigt, bis seine Aufgabe erfüllt ist oder er aufgehalten wird.
Der verdeckte Narzissmus
Diese Form des Narzissmus wird oft bei Frauen diagnostiziert und ist durch die genetische Veranlagung zu emotionalen Reaktionen nur schwer zu erkennen. Männer sind aber nicht ausgeschlossen.
Der verdeckte Narzissmus ist eine Form von Narzissmus, die sich nicht durch offensichtliche Anzeichen von Selbstverherrlichung oder Überheblichkeit auszeichnet, sondern durch subtilere Strategien der Selbstwertsteigerung. Der verdeckte Narzisst ist oft unsicher, schüchtern, empfindlich und introvertiert. Er oder sie leidet unter einem Gefühl der Minderwertigkeit und Unzulänglichkeit und sehnt sich nach Anerkennung, Zuneigung und Bestätigung von anderen. Dieser Typus ist jedoch nicht in der Lage, echte Beziehungen zu anderen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten, da er oder sie sich selbst nur als Opfer sieht und andere als Bedrohung oder Konkurrenz wahrnimmt.
Der verdeckte Narzisst vertritt immer die Opferrolle und konzentriert sich darauf, sich selbst zu bemitleiden und zu klagen. Im Leben von diesem Typus ist die ganze Welt und alle anderen Menschen Schuld an seiner Situation und durch diese Strategie bekommt er die sehnsüchtige Anerkennung und Zuwendung seines Umfeldes. Betroffene dieser Störung sind auch Meister der Manipulation und können das wunderbar in die Opfer-Strategie, einfließen lassen. Der verdeckte Narzisst hat auch Schwierigkeiten, Kritik oder Fehler zuzugeben und reagiert darauf mit Wut, Schuldzuweisung, Rückzug oder Gaslighting und Ghosting und verpackt es dann als Selbstschutz. Sie sind auch nur selten in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und laufen davon, wenn sie die Möglichkeit haben.
Der verdeckte Narzissmus ist eine schwer zu erkennende und zu behandelnde Persönlichkeitsstörung, die sowohl für den Betroffenen als auch für sein Umfeld viel Leid verursacht. Menschen, die unter dieser Art von Narzissmus leiden, brauchen professionelle Hilfe, um das Selbstbild und die Beziehungsfähigkeit zu verbessern. Er oder sie muss lernen, sich selbst und andere realistischer und empathischer zu sehen und seine oder ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu respektieren.
Die Gefahr für liebenswürdige Menschen
Wie unschwer zu erkennen ist, verursachen Narzissten ein unheimliches Chaos und sehr viel Leid bei anderen. Gutmütige und liebenswürdige Menschen, solche, die immer an das Gute in einem Menschen glauben aus voller Überzeugung, werden gerne als nächstes Opfer von Narzissten ausgewählt. Sie erlangen eine regelrechte Befriedung durch das Leid anderer und sehen diese Errungenschaft als eine Bestätigung ihrer Grandiosität. Die Gutmenschen erkennen oft die Muster und Anzeichen nicht auf Anhieb, sondern erst, wenn bereits genug Schaden von dem Narzissten oder der Narzisstin angerichtet wurde. Sie schenken den Narzissten Glauben, wenn sich diese entschuldigen und erkennen nicht, dass hinter jeder Entschuldigung kein Funke Reue steckt.
Sie helfen und sind stets da für die Narzissten und werden am laufenden Fließband auf emotionaler oder auch materieller Ebene ausgenutzt und ausgebeutet. Metaphorisch betrachtet, kann es wie folgt visualisiert werden. Ein Narzisst oder eine Narzisstin kommt zu ihnen nach Hause. Sie haben sich ein wunderschönes Glashaus erarbeitet, dass alle ihre Werte, Gefühle, ja sogar ihre Menschlichkeit beherbergt. Der Narzisst oder die Narzisstin, fängt nun damit an, ihr Glashaus so lange mit Steinen zu bewerfen, bis am Ende nur noch ein riesiger Scherbenhaufen vor ihnen liegt. Der Verantwortliche stiehlt sich jetzt aus der Verantwortung, in dem er oder sie sich aus dem Staub macht, mit dem Gefühl, er oder sie hätte es mal wieder vollbracht!
Die Opfer können ein Leben lang darunter leiden
Opfer von Narzissten können unter verschiedenen Auswirkungen leiden, die sowohl ihre psychische als auch ihre körperliche Gesundheit beeinträchtigen können. Wir möchten hier die häufigsten Auswirkungen aufzeigen.
- Angstzustände: Opfer sind nach einer narzisstischen Begegnung oft ständig in Alarmbereitschaft und fürchten sich vor dem Missbrauch oder der Ablehnung Anderer. Sie können auch eine generalisierte Angst vor allem Unerwarteten oder Unkontrollierbaren entwickeln.
- Depression: Opfer von Narzissten verlieren oft ihr Selbstwertgefühl und ihre Lebensfreude. Sie können sich schuldig, wertlos, hoffnungslos oder leer fühlen.
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Opfer erleiden oft an traumatischen Erinnerungen an den emotionalen Missbrauch, die sich in Form von Flashbacks, Albträumen, Schlafstörungen oder Übererregung äußern. Sie können auch eine emotionale Taubheit oder eine Vermeidung von Situationen entwickeln, die sie an den Missbrauch erinnern.
- Gaslighting: Eine der häufigsten Auswirkungen für Opfer von Narzissten ist, dass sie oft mit Lügen, Täuschungen und psychischen Manipulationen konfrontiert werden, die sie an ihrer eigenen Wahrnehmung und Realität zweifeln lassen. Sie können sich verwirrt, paranoid, wahnsinnig oder psychotisch fühlen und wissen oft den Unterschied von Realität und Fiktion nicht mehr zu unterscheiden.
- Psychosomatische Beschwerden: Die Opfer können auch körperliche Symptome entwickeln, die mit dem chronischen Stress und der emotionalen Belastung zusammenhängen. Dazu können Kopfschmerzen, Magenprobleme, Herzprobleme, Immunsystemschwäche oder chronische Schmerzen gehören.
Diese Auswirkungen sind ernst zu nehmen und erfordern professionelle Hilfe und Unterstützung. Opfer von Narzissten sollten sich nicht schämen oder allein fühlen, sondern sich an vertrauenswürdige Personen wenden, die ihnen helfen können, sich von dem Missbrauch zu erholen. Wenn diese Auswirkungen und das damit verbundene Leiden unbehandelt bleiben, können daraus psychische Störungen entstehen. In schweren Fällen sind Opfer von Narzissten für den Rest ihres Lebens so gekennzeichnet, dass es sich wie ein roter Faden hindurchzieht.
Klare Grenzen setzen zum Selbstschutz
Um klare Grenzen zu setzen, müssen Opfer zunächst erkennen, dass sie ein Recht haben, respektiert und wertgeschätzt zu werden. Sie müssen auch erkennen, dass sie nicht für das Verhalten oder die Gefühle des Narzissten oder Narzisstin verantwortlich sind. Sie müssen lernen, nein zu sagen und ihre Meinung zu äußern, ohne Angst vor Ablehnung oder Bestrafung. Klare Grenzen zu setzen ist nicht einfach, vor allem wenn das Opfer eine intensive Zeit dem narzisstischen Missbrauch ausgesetzt war. Es erfordert Mut, Selbstachtung und Unterstützung. Opfer von Narzissten sollten sich nicht schämen, allein fühlen oder in Selbstverzweiflung versinken.
- Verlasse die Opferrolle und akzeptiere die Erlebnisse als Erfahrungswert und sehe als eine Möglichkeit dich zu entwickeln. Des Weiteren wird die Opferrolle andere Narzissten oder Narzissten anziehen.
- Erlange Klarheit darüber, was genau deine Grenze ist. Solange das Opfer sich seiner Grenzen nicht bewusst ist, werden andere diese nicht beachten.
- Definiere, welche Konsequenzen eine Missachtung deiner Grenzen hat. Ein Sprichwort sagt: Das erste Mal ist es ein Fehler, das zweite Mal Dummheit und das dritte Mal ist es Verachtung, Respektlosigkeit und Ignoranz.
- Die Erwartungshaltung sollte tief angesetzt werden. Deine Grenzen werden ausgetestet werden und es liegt an jedem selber zu entscheiden, ob die eigenen Grenzen wichtig sind oder nicht.
- Konsequent zu bleiben, ist das oberste Gebot. Wenn eine Missachtung heute nicht akzeptiert wird, dann sollte die Antwort morgen dieselbe sein.
- Die Grenze wird immer und immer wieder angegriffen werden. Mal stärker, mal weniger. Auch in solchen Momenten muss die Stärke beibehalten werden, um die Grenzen aufrechtzuerhalten.
- Eigenverantwortung ist das Maß aller Grenzen. Wenn ein Narzisst oder eine Narzisstin deine Grenze immer und immer attackiert, ist es deine Verantwortung dagegen vorzugehen. Wie länger du die Missachtung und das Austesten der Grenzen akzeptierst, um so eine größere Herausforderung hat der Narzisst oder die Narzisstin und wird so lange weiter machen bist das Opfer nachgibt oder, was die gesündere Lösung ist, das ganze beendet.
- Wenn du feststellst, dass bestimmte Menschen dir immer wieder weh tun, dich missachten, nichts zurückgeben oder dich missbrauchen, so lass diese Menschen los. Diese Menschen sollten keinen Platz in deinem Leben bekommen, sie haben dich nicht verdient!
- Arbeite an deinem Selbst. Es ist unerlässlich, das eigene Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten und zu stabilisieren. Das Bewusstsein über den eigenen menschlichen Wert zu erhalten, ist die Grundvoraussetzung für ein zufriedenes Leben. Kampfsport kann ein sehr nützlicher Helfer dabei sein. Nicht um anderen weh zu tun, sondern sich seiner Stärke und den eigenen Fokus zu erkennen.